Übernahme der Baju

Baju 2012 - Heiko mit Müllbergen

Im Juli 2012 wechselte die Baju zum dritten und wahrscheinlich letzten mal Captain und Crew. Unterstützt hat uns dabei Heiko Preuss, der als Gutacher und Skipper fungierte und ausserdem als Mechaniker, Elektriker und Photograph die Aktion begleitete. Heiko ist Vollblutseemann, gelernter Bootsbauer, Segelausbilder und Sachverständiger. Es gibt so gut wie nichts, im zusammenhang mit Segelschiffen, das er nicht könnte.

Wir schafften in einer Woche 14 Säcke a 500 Liter an Unrat von Bord, reparierten eine Ankerwinsch, bestellten neue Matratzen und putzen das Schiff. In der darauffolgenden Woche kam mein Frau und Tochter, um Baju in ihr neues zu Hause zu überführen. Die Tuamotus.

Von Tahiti auf die Tuamotus

Rostlaube vor der Marina Tahina

Für viele Weltumsegler ist Tahiti laut und schmutzig. Für uns war es eine lebhafte Stadt auf der anderen Seite der Weltkugel mit vielen Annehmlichkeiten und freundlichen Menschen. Nicht nur die Tahitianer, auch die Franzosen waren erstaunlich kontaktfreudig und sprachen zu meiner Verwunderung alle ein wenig Englisch.

Die Einkaufsmöglichkeiten in Tahiti sind hervorragend. Wer französische Supermärkte kennt, wird im Carrefour nichts vermissen. Die Marina Tahina (oben im Bildhintergurnd) ist der zweitgrößte Yachthaven bei Papeete. Neben Superyachten am Kai mit "Boot im Boot" (tatsächlich trägt da so manche Segelyacht noch eine 10 Meter Motoryacht mit sich im Bauch herum) und Helikopter auf Deck, liegen in den Buchten und an den Moorings vor dem Hafen jedoch auch noch normale Segelyachten. Schicke neue, weiß glänzende Augenweiden und Aussteiger-Kähne, die ihre besten Tage schon lange hinter sich haben. Auch Baju lag hier, als wir sie zum ersten Mal sahen.

Bucht bei Papeete mit Blick auf Moorea
Blick auf Moorea bei Sonnenuntergang

Unsere erste Übernachtung auf Baju. Gegenüber von Papeete liegt Moorea, eine Insel aus Vulkangestein, die mit üppiger, grüner Vegetation bewachsen ist.

Gefährliche Tiere gibt es auf den Inseln übrigens nicht. Lästig sind lediglich die Nonos, das sind kleine, kaum sichtbare Sandfliegen. Aber auf einer Yacht hat man die nicht zu fürchten.

Einfahrt in die Opunohu Bucht

Nachdem wir klarschiff gemacht hatten (irgendwann erzähle ich wie man ein Schiff in Tahiti kaufen kann, was dabei zu beachten ist, und was alles so passieren kann) und wir uns bei Carrefour für unglaublich viel Geld proviantiert hatten (fast 700 Euro für ein paar Lebensmittel), hielt uns nichts länger in Tahiti. Wir wollten los, wir wollten Segeln. Unser erster Schlag sollte uns nach Moorea, zur Opunohu Bucht führen. Leider kam der Wind aus der falschen Richtung und so motorten wir ein paar Stunden bis zu unserem Ziel.

Ruhe am Riff

Am Abend lagen wir schließlich in der anvisierten Bucht, ganz vorne, weit weg von den Super-Motoryachten, die in tieferen Gewässern ankern mussten. In der dunklen Bucht, umgeben von hohen Felsen, war es tiefschwarz, ruhig und ein wenig unheimlich.
Am nächsten Morgen verließen wir die Bucht in westlicher Richtung und verbrachten den Tag vor dem Riff. Wir genossen das türkisfarbene, glasklare Wasser und schrubbten in Tauchmontur das Unterwasserschiff der Baju. Es hatten sich durch die mäßige Pflege in den Monaten zuvor lange Algen angesetzt, die wir vor der Überfahrt in die Tuamotus wegspachteln wollten.

Endlich unter Segeln, wurde das Wetter zunehmend schlechter. Wir mussten reffen. Dennoch gab es nach ein paar Stunden ein hässliches Geräusch - das Hauptsegel war eingerissen. Durch die lange Zeit, in der es der UV Strahlung ausgesetzt war, wurde das Material brüchig. Wir refften noch eine Stufe weiter ein und ließen die Genua den Hauptteil der Arbeit verrichten.
Nur kurze Zeit später konnte man einen Knall hören, der nichts Gutes ahnen ließ. Das Geräusch war so laut, dass ich es selbst unter Deck hören konnte. Die Genuaschot war gerissen. Nicht etwa am Knoten, nein, in der Mitte der Schot. Heiko, unser Skipper, den wir für diese erste Fahrt mit Baju angeheuert hatten, war erstaunt. So etwas hatte selbst er noch nicht erlebt.

Für die folgenden Tage haben wir keine Bilder. Der Grund war der garstige Ritt in Kreuzsee. Wir schleppten uns teils unter Segel, teils unter Motor voran. Wir mussten die Tuamotus erreichen, denn unser Skipper hatte einen zeitnahen Rückflugtermin.
Meine Frau, die sich selbst die Landratte nennt, lag seekrank in der Kajüte. Meine Tochter nahm alles auf wie ein Schwamm. "Papa, man sieht gar kein Land mehr. Wir sind jetzt mitten auf dem Ozean, weißt Du. Aber irgendwann, da sehen wir dann wieder Land. Mach Dir keine Sorgen." Sie hielt sich instinktiv bei jedem Schritt fest, zeigte nur leichte Erscheinungen von Unwohlsein, und war wie immer, das ideale Reisekind. Kein Gejammer, kein Geheule. Nur Kinderschläue auf zwei Seebeinen.
 
Heiko und ich wechselten uns ab für die Nachtwache. Mit einem Küchenwecker auf der Brust und einem "Beanbag" im Cockpit, schlief ich 30 Minuten, bis mich das Vibrieren des Weckers daran erinnerte einen Rundumblick zu machen. Pflicht erfüllt, zurück ins Freiluftbett. Das Kielwasser der Rümpfe funkelte durch Biolumineszenz. Der Sternenhimmel war, sobald ich ihn zwischen Wolkenlücken ausmachen konnte, unglaublich nahe.

 

Die Ruhe- und Wach-Phasen lösten bei meiner Frau ein wenig Verwirrung aus. So kam sie des nachts ins Cockpit um einen schlafenden Ehemann vorzufinden. Auch der Profi-Skipper schlief, und das auch noch seelenruhig in seiner Kajüte. Sie hatte also das Gefühl, dass wir mit dem Leben der Frauen an Bord doch eher relaxed umgingen. Am nächsten Morgen klärten wir dann auf, dass wir mit dem Küchenwecker-Konzept und der halbstündigen Rundumschau in dieser wenig befahrenen Gegend doch recht sicher wären. 

 

Es ist übrigens nicht so, dass wir kein anderes Schiff zu Gesicht bekamen. Zwei Segelschifffe begneten uns. Eines am Tag, in grosser Entfernung, das meine Frau ausmachte und eines in der Nacht, wärend meiner Wache. Wir kamen einander relativ nahe, aber nachdem das grüne Licht endlich deutlich auf der Steuerbordseite vorbei war, konnte ich wieder ruhen.
   
Obwohl ich selbst von Seekrankheit weitgehend verschont blieb kann ich doch jedem Leser mitgeben, dass Erdnüsse und Bier, morgens um halb zwei, bei entsprechendem Wetter, nicht die richtige Mischung sind. Stuggeron kam zur Rettung. Sobald die Übelkeit und der Schwindel nach einem halben Tag abgeklungen waren, konnte ich auch wieder auf Medikamente verzichten.
 
Wie ich in allen Weltumsegler Büchern gelesen habe, brachten auch wir eine Schleppangel aus. Nichts biß an. Wir versuchten es also noch mit einer weiteren Angel am anderen Rumpf (zum Glück haben wir ja einen Katamaran). Doch auch eine Verdopplung der Chancen, so die Theorie, schien nicht zu helfen. Im Gegenteil. Nach einer Weile stellte ich fest, dass sich die Schnüre ineinander verwickelt hatten. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben und reagiere schon nicht mehr auf die Frage meiner Tochter, wann wir denn nun den Fisch fangen würden, als Heiko meinte da wäre wohl etwas an der Angel - auf die Vögel deutend, die in einiger Entfernung hinter uns immer wieder aufs Wasser herabstürzten.
Ich holte schliesslich einen, vor Erschöpfung halb toten Baby-Tunfisch aus dem Meer. Nachdem ich nicht glaubte, dass er sich wieder erholen könnte, musste er dran glauben und unser Mittagessen werden. Obwohl ich Angler bin, tut er mir noch heute leid. So ein junges, schönes Tier (aber lecker war er schon..).
 
Natürlich erreichten wir die Einfahrt zu unserem Atoll nicht bei Tag. Wir mussten eine volle Nacht kreuzen um dann, bei Tag, eine sichere Einfahrt zu wagen.
Völlig erledigt, nach nur 3 Tagen Segeln, ankerten wir vor dem Apataki Village.

Eine von zwei Strassen in Apataki
An alles Wichtige ist gedacht. Kirche, Schulen, Gemeindezentrum und Beförderungsmittel

Am nächsten Morgen war unser Ziel die Werft auf der Süd-Ost-Seite des Atolls. Apataki Carenage. Wir starteten den Motor nur um ihn schnell wieder auszustellen. Die Wasserpumpe förderte nicht, was daran zu erkennen war, dass aus dem Loch im Backbord-Heckrumpf kein Wasser austrat. Heiko stellte schnell fest, dass der Keilriemen der Pumpe locker saß. Eine Schraube war gebrochen, die Halterung instabil. Eine passende Schraube war natürlich nicht an Bord. Also hieß es im Schraubenmüll wühlen, um dann eine einigermaßen passende zurechtzusägen.  Reparieren als Bordalltag. Oft gelesen, doch für uns war es gleichwohl neu. Irgendwann hatten wir dann Wasserkühlung.
Doch leider hatte sich unser Anker festgesetzt. Ich musste in Tauchmontur runter, die Lage begutachten. Kaum aufgetaucht schrie es vom Schiff: "Das Dingi ist weg, das Dingi ist weg!!".
Wie sich später herausstellte war der Alu-Haltegriff an der Bugspitze des Dingis gerissen. Die Wellenbewegung war zu viel für das beanspruchte Material - und das Tau hätte auch niemals dort festgemacht werden dürfen. So aber war es uns übergeben worden und es gab anfänglich andere Probleme zu lösen, als Tauverbindungen (wie z.B. eine defekte Ankerwinsch..).
Mit Blei und Flasche versuchte ich daher das Dingi, das von Strömung und Wind auf das Innenriff getrieben wurde, aufzuhalten. Kraulen unter höchster Last. Versucht es nicht, es ist hoffnungslos.
Während die anderen weiter mit dem Anker kämpften, stolperte ich auf dem Riff herum und versuchte das Beiboot wieder in die Wellen auszurichten. Die Brandung war jedoch zu stark. Kaum saß ich im Boot, war ich auch schon wieder aufs Riff gedrückt. Es half kein Rudern und kein laufender Außenborder, es war nichts zu machen, die Brandung ließ mir kein Entrinnen.
Die einzige Möglichkeit war, das Boot am Riff entlang zu führen und zur Bucht zu "laufen", die sich 200 Meter weiter westlich erstreckte.
Total erschöpft, erreichte ich ruhigeres Wasser und konnte das Riff verlassen.


Ich frage mich heute noch wie das für die Apatakier ausgesehen haben muss. Die sassen sicher beim Bier zusammen und hatten einen Mordsspass: "Guck Dir mal die Weissen da an, denen treibt das Beiboot davon. Jetzt schwimmt einer mit Tauchausrüsung hinterher. Ha, das schafft der nie. Nimmt jemand wetten an? Haha, ich lach mich tot was macht der denn da, so kommt der doch nie vom Riff"...


Heiko hatte in der Zwischenzeit Baju mit Gewalt befreit (Vollgas über den Korallenblock, vorher die Ankerkette ordentlich gesichert). Die Strömung und der Wellengang waren jedoch so stark, dass wir schleunigst Meer gewinnen wollten. Beim Versuch Baby-Baju auf die Davids zu kriegen, kenterte das Dingi, samt Stephan. Nur noch mit einer dünnen Leine gesichert schwamm unser Beiboot kopfüber. Jetzt musste alles schnell gehen, da Baju dem Riff immer näher kam. Mit vereinten und letzten Kräften, hievten wir Baby-Baju aus dem Wasser und fuhren unter Motor weiter gegen Osten. Wir hatten den Beiboot-Anker und den Stopfen verloren, einige blaue Flecken einkassiert und eine echte Lektion bekommen von dem, was es heißt mit einem Segelboot auf Tour zu sein.
 
Heiko sagt, das faszinierende am Segeln ist, dass man nie weiß was als nächstes kommt. Es sei wie das Leben selbst. Ihr dürft Euch selber eine Meinung dazu bilden, ich weiß nur, dass wir nach all den Strapazen plötzlich Begleitung hatten. Eine Gruppe von Delphinen spielte mit unserer Bugwelle. Meine Tochter und ich waren völlig aus dem Häuschen. So ein Glück. Im Atoll hätten wir die nicht erwartet. Was für eine Eskorte. Lange stehen wir am Bug und rufen den Delphinen zu. Schreien unsere Freude über den Besuch heraus - und ich auch ein wenig darüber bald angekommen zu sein..

Tony, der Sohn von Pauline und Alfred, schmeisst den Laden

Endlich bei der Carrenage, lernen wir Tony, Alfred und Pauline kennen, die die kleine Werft auf Apataki betreiben.
Die meisten Kunden sind Weltumsegler, die Reparaturen vornehmen oder das Unterwasserschiff neu streichen. In Polynesien ist Apataki dafür einer der günstigsten Plätze. Nicht verwunderlich, denn wo sich in den Gesellschaftsinseln "Honeymooners" und Milliardäre tummeln, sind die Tuamotus doch viel zu abgeschieden für diese Klientel.

Nachdem die Arbeit getan ist, kommen diese Yachten wieder ins Wasser

Wir genießen das natürliche Atoll, erholen uns von den Strapazen der Überfahrt, angeln „Red Snapper“ zum Mittagessen und schnorcheln und tauchen was das Zeug hält. Es war ein kleiner Törn für Seebären, aber ein Großer für uns.
Wir sind begeistert von der Umgebung, von der Sonne die nicht brennt (ich benutze keine Sonnencreme und verbrenne mich nicht - ich betreibe natürlich kein stundenlanges Sonnenbaden) und den netten Leuten die wir treffen.

Wir freuen uns auf mehr Zeit in diesen Atollen.

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